Liebe Senta

Meine süße Maus



Fast sieben Jahre lang haben wir unser Leben gemeinsam verbringen dürfen und dafür bin ich unendlich dankbar. Du warst nicht einfach "nur ein Hund" NEIN Du warst so viel mehr. Du warst an erster Stelle meine treue Freundin, die immer für mich da war und die für alles Verständnis hatte. Du warst meine Freude, Du warst meine Partnerin, Du warst meine Lehrerin. Deine uneingeschränkte Liebe, Deine Weisheit und Deine Gelassenheit waren unbezahlbar.

Jede Veränderung hast Du mit getragen und Dich wieder neu auf alles eingestellt. Du hast mich verstanden, wenn ich Dich nur ansah und manchmal gelang es auch mir, Dich zu verstehen und in Deinem Blick zu lesen.

Viele wunderbare Tage haben wir gemeinsam verbracht und auch schwierige, wie die nach Deiner ersten Krebserkrankung. Aber Deine Liebe war zu jeder Zeit ungebrochen und das hat uns die Kraft gegeben immer weiter zu kämpfen.

Ich wusste vom ersten Tag an, als ich Dich aus dem Tierheim geholt habe, dass unsere Zeit nur begrenzt sein wird und ich entschied mich schon damals für die Tränen des Abschieds. Ich ahnte damals noch nicht, wie sehr wir zusammen wachsen würden.

Dich glücklich zu sehen hat auch mich glücklich gemacht. Weisst Du noch, als ich Dir bereits in der letzten Zeit des Tierheims, versprochen habe, dass ich mit Dir ans Meer fahre, wenn ich Dich dort raus hole? Viele Male sind wir nach Holland an den Strand gefahren. Es macht mich glücklich, dass Du Dein letztes Jahr hier am Meer verbringen konntest. Das Toben am Meer und im Wasser mit Ball und Stock haben Dich doch Dein Alter immer wieder vergessen lassen. Wenn man Dich so sah, konnte man kaum glauben, dass Du nun schon fast 13 Jahre alt wirst.

Aber Du wusstest es - Du wusstest auch, dass der Krebs neu in Dir wucherte. Meine Güte Sentamaus, nie hätte ich geglaubt, dass Du schaffen würdest Deinen Tumor vor mir versteckt zu halten.

Immer habe ich geglaubt, es wären Deine müden Knochen und Dein Alter, die Dir Schmerzen bereiten beim Laufen. Es tut mir unendlich leid, wenn ich Dich manchmal bockig genannt habe, wenn Du die weiten Wege nicht mehr gehen wolltest. Aber es war wohl Deine Entscheidung, mich in dem Irrglauben zu lassen, bis die Schmerzen wohl so stark wurden und Du Hilfe haben wolltest.

Wie entsetzt war ich, als Du mich dann Deinen Tumor fühlen liessest, der inzwischen faustgross war. Ich weiss, Du hast mir meine Tränen in dem Moment nicht übel genommen, denn ich brauchte einige Tage um die Erkenntnis zu verdauen. Noch wussten wir nicht wieviel Zeit uns noch blieb aber ich versprach Dir direkt, diesen Weg bis zum letzten Atemzug mit Dir zu gehen. Dank Deiner Kommunikation mit Claudia Willscher, wurdest Du mit den richtigen Medikamenten versorgt, die Dich vorerst fast schmerzfrei machten. Von nun an lebten wir jeden Tag bewusster denn je, denn Zeit wurde auf einmal besonders wertvoll. Du blühtest mit den Medikamenten förmlich wieder auf und es war eine wahre Freude, wenn es solche Tage gab, an denen wir Deine Krankheit vergessen konnten. Du hast BEWUSST Abschied genommen von Menschen, Orten und von den Tieren, die Dir wichtig waren. Wir beide haben es gespürt die glücklichen Momente durchzogen mit Wehmut aber auch Dankbarkeit diese Momente noch gemeinsam erleben zu dürfen.

Aber in der gesamten Zeit hing ein großes Fragezeichen über uns????? Wann wird der Tag X sein. Du hast ganz klar gesagt, dass Du zum Schluss Hilfe vom Arzt haben möchtest, dass Du es mich wissen lässt, wann es für Dich soweit ist, Deinen Körper verlassen zu wollen.

Weil Du zu Hause einschlafen solltest, suchte ich uns eine Arztpraxis, in der die Ärzte auch bereit waren zu uns nach Hause zu kommen um Dir ein sanftes Einschlafen zu ermöglichen.

Ungefähr vier Wochen lang hielt diese noch einmal sehr schöne Zeit an. Doch dann, meist wenn wir wieder einen schönen "Abschiedstag" verbracht hatten, kam der nächste Schub. Der Krebs suchte sich den Weg erst in das eine, dann auch in das andere Bein. Ich habe dich bewundert, wie Du mit dem handycap und Deiner Krankheit umgegangen bist. Du hast nicht gejammert, für Dich schien es ok zu sein. Mir fiel es zunehmend schwerer, mit anzusehen wie Du gekämpft hast um jeden einzelnen Tag. ich habe Dir immer wieder gesagt, bleib nicht meinetwegen und auch Kimba litt sehr unter der Situation. Sie nahm sich immer mehr zurück und überliess Dir alle Aufmerksamkeit. Ich weiss wie schwer es Dir gefallen ist, sie zu verlassen. Ich habe Dir versprochen, dass ich immer für Kimba da bin, so wie ich es auch für Dich war.

Ach Senta - dann kam der Tag X - Du konntest nur noch unter starken Schmerzen aufstehen um nur ganz kurz Dein "Geschäft" im Garten zu erledigen. Drei Tage vorher stelltest Du das Fressen ein (ausser der Leberwurst :-) mit Deinen Medikamenten, die inzwischen in der Dosis sehr erhöht waren.

Ich habe gemerkt, wie schwer es Dir fiel, wenn ich mit Kimba unsere Runde gelaufen bin und Du nicht mehr mit laufen konntest, weil Dir jeder Schritt weh tat aber Du wusstest, dass Kimba das brauchte. Ich spürte, wie Du immer mehr alles los gelassen hast und Du Dich bereit machtest.

Und dann kam der gefürchtete Tag X. Du hattest es mich deutlich spüren lassen, dass es soweit ist und schweren Herzens rief ich in der Tierarztpraxis an. Der Arzt, der an diesem Samstag bereitschaft hatte, sagte zu in einer Stunde zu kommen. Nun hatten wir noch 60 Minuten Zeit. Diese Zeit verbrachten wir gemeinsam auf Deiner Decke und wir waren uns sooo nah. Es war ein grosser Frieden in diesem Raum. Leise meditative Musik lief und Kerzen leuchteten.

Und dann kam der Arzt und zerstörte alles im Bruchteil von Sekunden, worauf wir uns so lange drauf vorbereitet hatten. Du weisst, dass ich noch tagelang unter dieser Situation gelitten habe aber ich habe gespürt, dass Du es verziehen hast, da Du ja weisst, dass es so nicht hätte sein sollen.

Meine Süße - ich verneige mich in Liebe und Demut vor Deiner Größe - ich weiss, dass Deine Seele frei ist und Du von der Schwere der Erde befreit bist. Oft bist Du noch bei uns - ich spüre es, genauso wie Kimba. Ich danke Dir, dass es Dich gibt und Du die Jahre hier auf der Erde mit mir verbracht hast.



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