DIE ENTWICKLUNGSPHASEN DERS HUNDES



Wie jeder von uns weiss, stammt der Hund vom Wolf, also einem wildlebenden Tier ab. Oft wird vergessen, dass auch der kleinste Hund die gleiche Entwicklung durchmacht wie der große - z.B. Schäferhund. Es ist deshalb gut, etwas über das "normale" ursprüngliche Verhalten und Entwicklung des Hundes zu kennen.

VEGETATIVE PHASE (1.-2. WOCHE)

In dieser Phase findet noch keinerlei sozialer Kontakt statt. Mutter und Geschwister werden zwar wahrgenommen, aber der neugeborene Welpe ist nur auf sich bezogen und zeigt noch keinerlei Erkennen. Auch die Augen und das Gehör haben zu diesem Zeitpunkt Ihre Funktion noch nicht aufgenommen. Die Augen und die Gehörgänge sind noch verschlossen. Der frische Welpe ist ganz auf das Gefühl reduziert. Deshalb nimmt er Reize, wie Wärme, Schmerz, Kälte und die Schwingung von Geräuschen bereits wahr und weil er alles noch nicht einordenen kann, ist der Welpe kann er in diesem Stadium schon stressanfällig sein.

Wahrgenommen werden die Umweltreize über die Tasthaare und der Nase, die ihre Funktion bereits aufgenommen hat. Die Tasthaare dienen zum Finden der Wärmequellen (in der Regel die Mutter oder die Geschwister) und die Nase verhilft zum Finden der Nahrung bei den Zitzen der Mutter.

In diesem Alter können die Welpen bisher nur kriechen. Durch eine wunderbare Einrichtung der Natur kann der junge Welpe nur im Kreis kriechen, wodurch gewährleistet wird, dass er sich nicht entfernen kann und im sicheren Schutz der Mutter bleibt.

3. WOCHE

Jetzt wird es spannend. Die Augen öffnen sich und auch die inneren Gehörgänge. Jetzt beginnt auch der erste soziale Kontakt, ein Erkennen der Geschwister und der Mutter. Sogleich beginnt auch der Konkurrenzkampf um die Zitzen der Mutter. Der Welpe tritt aus der Ichbezogenheit aus und demonstriert jetzt bereits durch Schwanzwedeln HIER BIN ICH und so rieche ich. Auch die Umgebung wird interessant. Die ersten Erkundungen beginnen.

Aber noch eine Verhaltensweise tritt nun erstmalig auf und das Verhalten bleibt ein Leben lang. Sicher kennen Sie den Schnauzenstoß von ihrem Hund, wenn er etwas von Ihnen möchte. Ursprünglich dient der Schnauzenstoß dazu, die Mutter dazu auf zu fordern, Futter heraus zu würgen.

Eine von uns nicht gerne gesehene Verhaltensweise von Hunden, ist das Hochspringen am Menschen. Hätten sie geahnt, dass dieses eigentlich ursprünglich eine Unterwürfigkeitsgeste ist, die aus dem Schnauzenstoß entstanden ist? Auch bei Ihnen möchte der Hund eigentlich an Ihren Mund um diesen Schnauzenstoß auszuführen. Durch die unterschiedliche Größe aber, muss er an Ihnen hoch springen.

Nach 21 Tagen ist es endlich soweit. Das Lager darf verlassen werden. Ist ein Vater vorhanden, übernimmt er die Rolle des Lehrenden und das oftmals sehr rauh. Auch das stammt aus dem Urverhalten der wildlebenden Tiere. Das rauhe Verhalten diente dazu, um aus zu sortieren. Reagiert der Welpe auf das grobe Verhalten mit Unterwürfigkeit und Rückzug zum Lager, hat er eigentlich sein Leben gerettet. Reagiert er nicht entsprechend, kann es sein, dass der Welpe vom Vater verletzt, schlimmstenfalls sogar getötet wird. Dieses Verhalten des Vaters ist absolut natürlich.

PRÄGUNGSPHASE 4.- 7. WOCHE

Wie der Name schon sagt, ist das eine der wichtigsten Phase überhaupt. Fehlentwicklungen aus dieser Zeit sind im späteren Leben schwer, manchmal auch gar nicht mehr zu korrigieren.

Ab der 4. Woche fängt das Gebiss an sich zu bilden, was für die Hündin teils sehr unangenehm wird, wenn die Jungen saugen. Da die Welpen inzwischen auch an Größe zugelegt haben, steht die Hündin nun beim Säugen. Die Welpen wenden nun den Pfotentritt an, bei dem die Pfote die Milchdrüse massiert um den Milchfluß an zu regen.

Diese Geste - der Pfotentritt - bleibt auch zeitlebens erhalten, ist eine Unterwürfigkeitsgeste und uns bekannt als "das Pfötchengeben".

Der Aktionsradius des Welpen wird nun immer größer, ungefähr
maximal 50 m.

Alle Sinne sind nun voll entwickelt und die Jungen haben ein großes Lernpotenzial. In dieser Zeit prägt sich alles ein, was sie erfahren. Der Kontakt zu Artgenossen, zu Menschen und anderen Umwelteinflüssen bleibt zeitlebens gespeichert.

Fehlende Prägung im sozialen Bereich ist fast irreperabel. Der Umgang mit Artgenossen kann manchmal mit viel Arbeit und Geduld auch später noch in eine positive Richtung gedreht werden. Werden dem Welpen in dieser Zeit nicht viele Reize in der Umwelt gegeben um zu lernen, kann es sein, dass er auch im späteren Leben schlecht lernt.

Ab der 8. Woche (inzwischen ernähren sich die Kleinen hauptsächlich von vorgewürgter Nahrung) wird das Geben der Nahrung durch die Hündin abgebaut.

Ansonsten geniessen die Welpen eine Narrenfreiheit und testen ihre Grenzen bei den erwachsenen Hunden (oder auch Menschen) aus. In dieser Zeit werden die Jungen immer wieder zur Unterwürfigkeit durch die adulten Tiere herausgefordert.

Ich betone noch einmal: Diese Phase ist die wichtigste im Leben eines Hundes. Haben Sie den Wunsch, sich einen Welpen zu sich zu nehmen, schauen Sie sich das Umfeld an. Welche Möglichkeit hatte dieser Hund zu lernen? War ein Rüde dabei um zu erziehen? Die Hündin hält sich in dieser Zeit fast ganz aus der Erziehung raus. War der Kontakt zum Menschen gegeben?

Zu Welpen aus Zoogeschäften rate ich hier ab.

SOZIALISIERUNGSPHASE (8. - 12. Woche)

In der 8. Woche sollte der Welpe in sein neues Zu Hause geholt werden, denn in dieser Phase wird normalerweise das Wurflager gewechselt. Es entspricht also der Natur des Hundes, in dieser Zeit einen neuen Abschnitt zu beginnen.

Das Spielverhalten unter den Welpen hat inzwischen andere Formen angenommen und auch die erwachsenen Hunde werden mit einbezogen. Die wiederum fordern bei Überschreiten von ihnen gesetzte Tabus, immer wieder Unterwürfigkeitsgesten ein. Dadurch erreichen sie, als Autorität von den Welpen anerkannt zu werden.

Der Futterkampf beginnt. Hatten die Welpen beim Fressen bis zur 8. Woche noch Vorrang, setzt nun ein Kampf ums Futter auch mit den "Erwachsen" ein.

Beim Umzug des Welpen in sein neues Zu Hause, ist es wichtig, dass SIE die Rolle des Alpharüdens oder die der Mutter übernehmen. Das heisst, sich wie diese sich dem Welpen gegenüber verhalten.

Welpen müssen die Welt kennen lernen aber auch die Konsequenz und Grenzen, die nun von IHNEN gesetzt werden müssen. Fallen Sie auf - ach der ist ja noch ein Baby - der ist ja sooo süss - herein und lassen alles durchgehen, lernt Ihr ach so süsser Racker sehr schnell, dass die bisher von seinen Eltern gesetzten Regeln HIER keine Gültigkeit mehr haben, sondern nur die neue Regel gilt: HIER DARF ICH ALLES MACHEN. Lassen Sie sich in dieser Phase von dem bezaubernden Charme nicht um den Finger wickeln. Denken Sie daran, dass SIE die Regeln aufstellen, an denen sich der Welpe orientieren kann.

Sind Sie nicht klar genug und dazu noch inkonsequent, erkennt der Hund sie nicht mehr als Sicherheit an und beginnt als großer Hund selbst die Rudelführung zu übernehmen. Aus seiner Sicht kann er so das Rudel erhalten, da Sie für ihn nicht stark genug sind. Durch das inkonsequente Verhalten bürdet der Mensch dem Hund oft die Verantwortung auf und wundert sich, warum der Hund so dominant ist.

RANGORDNUNGSPHASE (13. - 16. Woche)

In dieser Phase wird innerhalb mehrerer Welpen die Rangordnung festgelegt. Nicht der stärkste und größte wird als Rudelführer erwählt, sondern der, der am meisten kann, ausgewählt nach den Fähigkeiten. Kommt es zu Auseinandersetzungen greift der Alphahund als "Schiedsrichter" ein, wenn es zu stark eskaliert. Die Autorität des Alphahundes wird von jedem Welpen anerkannt.

Ist der Hund nun bei Ihnen, übernehmen SIE die Führungsrolle und somit ist es auch IHRE Aufgabe einen neutralen Schiedsrichter abzugeben. Solange Sie anerkannt sind, wird Ihr Eingreifen und Ihre Zurechtweisung auch respektiert.

Es wird zwar immer gesagt:" das machen die Hunde untereinander", aber das trifft nicht auf jede Situation zu. In dieser Altersphase müssen Sie eingreifen, aber wichtig dabei ist, dass Sie neutral bleiben.

RUDELORDNUNGSPHASE (5. - 6. Monat)

In der freien Natur - also in der Zeit der wildlebenden Wölfe (Hunde) beginnt nun die Phase der Loslösung des jungen Hundes vom Elterntier. Das was vorher alles spielerisch war, hat jetzt einen Sinn. Die Jungen Tiere werden auf das Überleben in der freien Natur vorbereitet. Sie werden angeleitet für ihre Beute zu sorgen und alles dient zur Vorbereitung selbst einmal Alphatier zu sein.

In dieser Phase endet das MENSCH - HUND - RUDEL. Der Mensch bleibt immer das Alphatier und so kann man fast sagen, dass unsere Hunde niemals so richtig erwachsen werden. Wir lassen die Trennung von uns nicht zu. Statt dessen bleiben wir die Versorger. Ein netter Deal, den wir mit den Hunden haben.

PUBERTÄTSPHASE(7. - 12. Monat)

Wer eigene Kinder groß gezogen hat, weiss was es heisst, wenn Jugendliche in die Pubertät kommen und geschlechtsreif werden.

Nicht anders ist es bei den Hunden. Froh kann der sein, der eine Hündin hat, bei der die Pubertät mit der ersten Läufigkeit endet.

Beim Rüden ist es schon etwas schwieriger. Von der Natur aus müssten sich unsere Hunde spätestens jetzt von uns trennen, da es in der Natur des Hundes liegt, ein eigenes Rudel zu gründen, ausserhalb seines bisherigen Reviers und Rudel.

Nur mit viel Einfühlungsvermögen und Feingefühl ist diese Zeit zu meistern. Der Hund macht was er will und SIE sind aufgefordert, den richtigen Weg zu finden. Diesen findet man nicht in Büchern oder im Fernsehen, den finden Sie in Ihrer Beziehung zu Ihrem Hund.

Vielleicht hilft Ihnen der Satz im übertragenen Sinne: - Lassen Sie ihm die lange (unsichtbare) Leine, bleiben Sie aber fest am anderen Ende und behalten die Kontrolle. -

Die Natur fordert eigentlich etwas anderes von Ihrem Hund, was sie nicht geben können, nämlich die Trennung von Ihnen.

Üben Sie zuviel Druck auf den Hund aus, brechen sie eventuell seinen Willen (Wirkung ist nur kurzfristig) oder üben Sie Gewalt aus und erreichen Ihr Ziel durch Erzeugen von Angst. Letztendlich erreichen Sie aber das Gegenteil- Druck erzeugt Gegendruck und Sie lassen sich auf einen unendlichen Machtkampf ein. (siehe das GESPRÄCH)

Immer wieder begegnen mir Hunde, die auf jede Menge Kommandos blitzartig gehorchen. Die Besitzer sind sehr stolz auf diese Tiere. In den Augen der Hunde kann ich aber auf Anhieb sehen, gehorcht der Hund, weil er sein "Alphatier" liebt und respektiert oder weil er gelernt hat, wenn ich nicht gehorche, werde ich gezüchtigt. Da ist das Gehorchen doch das kleinere Übel. Die Bindung wird immer nur eine Zweckgemeinschaft sein ohne Tiefe.

Die andere Seite ist zu wenig Druck und inkonsequentes Verhalten. Das zwingt Ihren Hund förmlich dazu die Führung zu übernehmen. Diese Zeit ist für den Hundehalter die schwerste Zeit und eine ganz entscheidene. Finden Sie den Mittelweg. Es ist eine grosse Herausforderung an Sie.


REIFE

Je nach Rasse und Charakter ist die Reife mit 2 - 3 Jahre erreicht.



Quellenvorlage: Michael Kaswig - www.suchhunde.de